Mittwoch, 28. März 2018

We're on a mission from God


Predigt am Karfreitag, 30. März 2018, über Hebräer 9,15.26b-28:

Jesus ist der Vermittler eines neuen Bundes,
damit die zum ewigen Erbe Berufenen die Verheißung empfangen.
Dazu musste Jesus sterben,
um von den zur Zeit des ersten Bundes begangenen Übertretungen zu befreien.
Jetzt aber ist er einmal am Ende der Zeiten erschienen,
um durch das Opfer seiner selbst die Sünden unwirksam zu machen.
Und wie es den Menschen bestimmt ist,
einmal zu sterben, und danach kommt das Gericht,
so ist auch Christus einmal dargebracht worden,
um die Sünden der Vielen zu tragen.
Zum zweiten Mal wird er ohne Sünde denen erscheinen,
die ihn zu ihrer Rettung erwarten.
(eigene Übersetzung)

Liebe Schwesterm und Brüder,

wie bekommt man einen Job, eine Arbeitsstelle?
Wie war das bei Ihnen?
Früher, so scheint mir, war es unkompliziert:
Söhne gingen oft in den Fußtapfen ihrer Väter,
übernahmen den väterlichen Hof oder das Geschäft;
Töchter begannen ihre Ausbildung meist in dem Beruf,
in dem auch die Mutter arbeitete.

Heute hat man als junger Mensch konkrete Vorstellungen davon,
was man einmal werden will und was nicht,
und man will nicht unbedingt das tun, was die Eltern gemacht haben.
Heute ist es in der Regel so, dass man sich um eine Stelle bewirbt,
die man sich selbst ausgesucht hat.
Weil der Beruf einen großen Teil des Lebens ausfüllt,
soll er etwas Sinnvolles sein;
etwas, das Freude macht, etwas Besonderes
- oder etwas, mit dem sich ordentlich Geld verdienen lässt,
damit man sich in seiner Freizeit alle Wünsche erfüllen kann.
In der Schreibwarenabteilung gibt es extra Mappen für die Bewerbung,
Fotografen bieten Bewerbungsfotos an.
All das hilft aber nicht, die Stelle auch zu bekommen, die man sich wünscht.

Am besten und einfachsten ist es, wenn man gefragt wird.
Aber so etwas passiert leider nur den Wenigsten.
Deshalb ist es wichtig, einen Vermittler zu haben,
der einem die begehrte Stelle verschaffen
oder beim Chef empfehlen kann - das berühmte „Vitamin B“.

I. Die Berufsentscheidung ist eine der wichtigsten Entscheidungen im Leben.
Nicht viele Entscheidungen reichen an sie heran.
Eine gibt es, die ist einem gar nicht bewusst.
Und doch entscheidet sie über den Sinn, über das Gelingen des Lebens.
Es ist die Frage, wie man eine Stelle bei Gott bekommt.
Wie kommt man eigentlich an Gott heran?
Schließlich ist Gott nicht zu sehen,
hat keine Adresse, keine Telefonnummer, keine eMail.
Ja, natürlich gibt es das Gebet.
Aber woher wissen wir, dass es Gott erreicht?
Dass, um im Bild der Jobsuche zu bleiben,
unsere Bewerbung bei Gott Berücksichtigung findet?

Da wäre es auch nicht schlecht, wenn man einen Vermittler hätte.
Jemand, der Gott gut kennt und der ein Wort für uns einlegen kann.
Zum Glück gibt es ihn: Es ist Jesus,
der uns eine Stelle bei Gott vermittelt und dafür sorgt,
dass unsere Bewerbung garantiert berücksichtigt wird.
Einen besseren Vermittler als Jesus kann es gar nicht geben -
wer sollte Gott besser kennen, einen besseren Draht zu Gott haben als Gottes Sohn?

II. Aber die Sache hat einen gewaltigen Haken.
Der Vermittler Jesus muss sterben, damit wir den Job bei Gott bekommen.
Das ist hart, und das ist nicht fair.
Wenn wir das gewusst hätten,
hätten wir uns vielleicht gar nicht erst um die Stelle bemüht.
Wozu der Tod dieses Einen, der ihn am wenigsten „verdient“ hat -
wenn man überhaupt davon sprechen darf, dass jemand den Tod „verdient“?

Dass Jesus sterben muss, hat mit uns zu tun.
So, wie wir sind, hätten wir keine Chance auf den Job bei Gott.
Wir sind nicht qualifiziert.
Wir haben zwar unsere guten Seiten, unseren guten Willen.
Wir sind tüchtig und einsatzbereit.
Aber wir haben eben auch dunkle Seiten.
Wit sind fähig zum Bösen, und manchmal tun wir es auch.
Gutes und Böses sind untrennbar in uns vermischt.
Das ist bei jedem Menschen so.
Das macht unser Menschsein aus.
Aber so, als solche, die das Gute wollen und das Böse tun,
so kann Gott uns nicht gebrauchen.

III. Um die Stelle bei Gott zu bekommen, muss man ein guter Mensch sein.
Das Böse hat bei Gott keinen Platz.
So, wie Gott bei der Schöpfung Licht und Finsternis unterschied,
Wasser und Erde voneinander trennte,
so unterscheidet Gott auch zwischen Gut und Böse,
Gerecht und Ungerecht.
Durch diese Unterscheidung Gottes wissen wir überhaupt von Gut und Böse,
von falsch und richtig.
Gottes Gebote sagen uns, wie wir leben sollen
und zeigen uns, wo wir versagt haben.

Gut und Böse sind in uns untrennbar vermischt.
Das ist bei jedem Menschen so; es macht unser Menschsein aus.
Niemand kann das ändern.
Selbst mit größter Anstrengung, mit bestem Willen
wird niemand ein guter Mensch.
Das Böse kann man nicht von uns abtrennen.
Dann wären wir keine Menschen mehr,
dann wären wir nicht mehr wir selbst.
Wenn wir aber nicht wir selbst sind, kann Gott uns auch nicht gebrauchen.

IV. Wie soll man da herauskommen?
Wie soll man gut sein und zugleich Mensch bleiben,
wenn man doch niemals vollkommen gut sein kann
und das Böse in uns alles Gute, das wir tun,
sozusagen verdirbt, mit einem Makel behaftet?
Jede gute Tat hat immer auch ein „Geschmäckle“:
Hat man sie allein wegen des anderen getan,
oder war da nicht auch ein Gedanke an den eigenen Vorteil,
den eigenen Nutzen, das eigene Renommée?
Und zugleich ist ein solcher Gedanke allzu menschlich;
er denkt sich von selbst, man kann ihn nicht verdrängen, verbieten, herausreißen.

Für dieses Problem gibt es eine Lösung, und wieder heißt sie: Jesus.
„Jesus hat“, wie es der Predigttext sagt, „die Sünden unwirksam gemacht“:
Jesus hat dafür gesorgt, dass das Böse, das in uns ist,
das Gute, das wir tun, nicht mehr beschädigen und beschmutzen kann.
Es bleiben die Hintergedanken, es bleibt das „Geschmäckle“.
Aber sie bedeuten nichts mehr für das, was wir tun,
weil es in einem anderen Licht erscheint:
Wir handeln nicht mehr auf eigene Rechnung,
sondern sind im Auftrag des Herrn unterwegs.
Weil wir einen Job bei Gott haben und in seinem Auftrag handeln,
muss das, was wir tun, nicht perfekt sein.
Gott, unser Auftraggeber, sorgt dafür,
dass unsere Arbeit sich sehen lassen kann.

V. „Jesus hat die Sünden unwirksam gemacht“.
Was ist die Wirkung der Sünde?
Was bewirkt das Böse, das zu uns gehört?
Es bewirkt eine Trennung - zwischen Mein und Dein;
zwischen Oben und Unten;
zwischen Arm und Reich;
zwischen Chef und Untergebenem;
zwischen Drinnen und Draußen, Einheimischen und Ausländern.
Diese Trennung ist keine Leben spendende Trennung wie die,
die Gott bei der Schöpfung vorgenommen hat.
Sie schafft keine Klarheit, keine Lebensräume,
sie engt ein und grenzt aus.
Sie trennt Menschen von dem, was lebenswichtig ist.
Wir trennen Menschen vom Lebensnotwendigen.
Wir grenzen Menschen aus.

VI. „Jesus hat die Sünden unwirksam gemacht“.
Jesus überwindet die Trennungen, die wir vornehmen.
Wie schafft er das?
Indem er sich opfert.
Jesus opfert sich für unsere Beziehung zu Gott.

Das ist ein schrecklicher Gedanke.
In vielen Beziehungen opfern sich Partnerin oder Partner,
manchmal sogar die Kinder, um die Beziehung zu retten.
Die Folgen sind oft furchtbar.
Vor allem, wenn die Beziehung trotzdem zerbricht,
lässt sie verzweifelte, zerstörte Menschen zurück.

VII. Jesus, wie er da am Kreuz hängt,
ist genauso ohnmächtig und hilflos wie die Partnerin, der Partner oder die Kinder,
die versuchen, eine Beziehung zu retten.
Er ist so ohnmächtig wie die Schülerinnen und Schüler in den USA,
die gegen die zynische Waffenlobby auf die Straße gingen
mit nichts als ihrer Stimme, ihrer Ohnmacht und ihrer Wut.
Wie soll der hilflose Jesus am Kreuz es schaffen,
die Trennungen aufzuheben, die wir immer und immer wieder vornehmen;
die Zäune einzureißen, die wir täglich neu zwischen uns und anderen errichten;
die Hände zu lockern, die sich fest um das krallen, was wir haben,
aus Angst, es könnte weniger werden, wir könnten etwas verlieren?

Jesus schafft es nicht.
Aber Gott schafft es, indem er ihn nicht dem Tod überlässt.
Gott lässt die Liebe über den Tod triumhieren
Sie erweist sich stärker als alle menschliche Bemühungen,
die Liebe klein zu kriegen, sie mit Füßen zu treten,
sie mit zynischen Kommentaren verächtlich zu machen,
sie der Gier und dem Profit zu opfern,
sie auf den Kreis der Familie oder weniger Auserwählter zu beschränken
oder sie gar ganz für sich behalten zu wollen.
Die Liebe ist stärker als der Tod,
stärker als alles Böse, zu dem Menschen fähig sind.
Sie hat an Ostern gesiegt, und sie wird immer wieder siegen.

Das ist unser Job, den wir von Gott bekommen haben:
Immer und überall von dieser Liebe zu erzählen;
unter allen Umständen auf diese Liebe zu vertrauen
und sie, soweit es uns möglich ist und so gut oder schlecht wir können,
mit dem eigenen Leben zu verwirklichen.
Wenn wir das tun, wird geschehen, wovon der Predigttext spricht:
„Jetzt aber ist er einmal am Ende der Zeiten erschienen,
um durch das Opfer seiner selbst die Sünden unwirksam zu machen.“
Wenn wir unseren Job machen, den Gott uns gab -
egal wie gut oder schlecht wir ihn tun -,
geschieht für die Menschen um uns dieses „Jetzt“:
Dann werden die Trennungen aufgehoben,
dann werden wir, was wir längst sind:
Schwestern und Brüder.

Amen.


Wie ich zu dieser Predigt gekommen bin, kann man hier nachlesen, wenn man will.